Mano in furchterregenden Zeiten
Mano in furchterregenden Zeiten
Wir leben in furchterregenden Zeiten. Die jetzige Wirklichkeit ist schon fürchterlich genug. Aber das was noch kommen kann, kann noch fürchterlicher werden. Darauf sollten wir uns einstellen und der weiße Ritter ist nicht in Sicht.
Die Furcht wird dann zwar wieder nachlassen, wenn das eingetreten ist, was wir befürchtet haben und zuvor nichts neues Fürchterliches eingetroffen ist. Das ist die gute Nachricht in den schlechten Nachrichten. Wir Menschen gewöhnen uns an alles. Das hat uns die Evolution gelehrt. Die schlechte Nachricht in der guten Nachricht: peu a peu kann alles noch schlechter werden.
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Ich hatte mal einen kleinen Hund. Er hieß Mano. Seine Eltern waren eine Chihuahua und deutscher Spitz. Er war also nicht groß und er war nicht stark, aber süß. Und er hatte eine große Klappe. Kläffte von der Ameise bis zur Kuh jedes Tier an. Mit Vorliebe aber kläffte er andere Hunde an, die wir auf der Straße trafen. Sah er einen anderen Hund, begann er zu kläffen. Kam der andere Hund dann aber näher und war dieser größer als er, was fast immer der Fall war, dann versteckte er sich hinter meinen Beinen und schwieg. Anfangs versuchten einige Hunde, hinter meine Beine zu Mano zu gelangen, aber nach einiger Zeit nahmen die anderen Hunde bei uns in der Nachbarschaft ihn nicht mehr ernst. Was sollten sie sich mit so einem kleinen Kläffer, Hosenscheißer und Soziopath abgeben. Wenn Mano dann kläffte, gingen sie weiter und ignorierten ihn. Die meisten schauten ihn nicht einmal mehr an. Es gab noch so einen kleinen Kläffer. Wenn er auf der anderen Straßenseite war, standen die beiden Maulhelden am Rande des Gehsteigs sich gegenüber und kläfften, aber getrauten sich beide nicht, auf die jeweils andere Seite zu gehen. Nach kurzer Kläfferei ging jeder stolz seines Weges.
Mich nervte seine Kläfferei. Aber er tat mir auch leid. Er konnte ja nichts dafür, dass er so klein und dazu auch noch kastriert war. Er kläffte die anderen Hunde aus Angst an und er wollte aufzeigen, dass er auch da ist.
Mein kleiner Hund musste die furchtbaren Zeiten, in denen wir leben, nicht mehr erleben. Er ist letztes Jahr gestorben. Aber ich muss immer an ihn denken, wenn zur Zeit europäische und v.a. deutsche Politiker versuchen Außenpolitik zu machen: folgenlose Kläfferei. Keiner nimmt sie mehr ernst, aber es ist süß, wie sie versuchen, sich wichtig zu machen. Ahnungslose, großmäulige Papiertiger, die sich nicht mehr hinter den Beinen der USA verstecken können, da die USA ihnen jetzt selbst als Gegner gegenüberstehen.
Egal, ob es um den Vernichtungskrieg Russlands gegen die Ukraine geht, um den Konflikt oder Krieg zwischen Israel und den Palästinensern oder den Krieg zwischen Israel und Iran, sie stehen da wie mein kleiner Hund – Gott habe ihn selig – kläffen vor sich hin und die großen Hunde USA, Russland, China aber auch Indien, Brasilien, Südafrika und die reichen Golfstaaten machen sich nicht einmal mehr die Mühe sie zu ignorieren.
Ich habe meinem kleinen Hund oft versucht klarzumachen, dass es besser wäre, einfach mal das Maul zu halten. Denn manchmal ist weniger mehr. Kläffst Du nicht dauernd die anderen Hunde an, so können diese auch nicht die Erkenntnis erlangen, dass Du nur kläffst, weil Du Angst hast. Es war sinnlos, er wollte mir nicht zuhören oder gar auf mich hören.
Als Kanzler Merz noch in der Opposition war, griff er die Politik seines Vorgängers Scholz an, da dieser die Ukraine nicht ausreichend unterstütze und v.a. keinen Taurus liefere. Jetzt, wo er es anders machen könnte und er sich nicht mehr hinter Scholz verstecken kann, setzt er die schlechte Politik seines Vorgängers fort und versteckt sich hinter hohlen Phrasen. Kein Taurus, keine veränderte Politik Russland gegenüber. Nur hohle Phrasen und leere Worte oder wenn ich die Analogie mit meinem Hund fortführe, nur nervendes Kläffen.
Wen interessieren Krisendiplomatie, Aussagen und Drohungen von Merz, der gesamten Bundesregierung und der Europäischen Union? Putin, Trump oder Xi? Überhaupt jemanden? Vielleicht Journalisten und Experten, die in Symbiose mit den Politikern leben oder all diejenigen, die sich eine Blase mit ihnen teilen. Sie können sich ihre Selbstbestätigungen abholen und zustimmen oder kritisieren.
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Wenn es um die derzeit großen Fragen geht, werden die Vorschläge und Aktivitäten der Europäer aber ignoriert. Ihr unterwürfiges Verhalten gegenüber Trump und lange Zeit und von Teilen auch gegenüber Putin, hat viel dazu beigetragen hat, dass sie nicht mehr ernst genommen werden.
NATO Generalsekretär Rutte mit seiner unterwürfigen Nachricht an seinen absolutistischen König Donald und dieser mit seiner erniedrigenden Reaktion haben das zuletzt exemplarisch unter Beweis gestellt. Trump macht sich einen Spaß aus der Unterwürfigkeit europäischer Politiker, während sie sich ihm gegenüber verhalten, als wäre er der Welten Alleinherrscher. Absolutistischen Königen oder Hitler oder Stalin oder heutzutage den Kims dieser Welt gegenüber haben sich Politiker zuletzt so verhalten.
Ich gestehe ihnen zu, dass Trump es ihnen schwer macht und dass es für Politiker – für Politikerinnen anscheinend weniger - nicht einfach ist, öffentlich zu sagen, dass Trump ein bestimmender Teil der größten Gefahr für die Welt ist und dass er für den Faschismus des 21. Jahrhunderts steht.
Es ist eine diplomatische Gepflogenheit nicht das öffentlich zu sagen, was man denkt. Aber immer noch so zu tun, als wären Trump und die USA Alliierte und nicht Gegner, als gäbe es noch eine transatlantische Partnerschaft, zeigt nicht nur die Blindheit und Angst auf, sondern auch eine tiefgehende Inkompetenz, Ansätze für eine neue Politik zu entwickeln, die europäische Interessen in den Mittelpunkt stellt. Zudem sollten wir nicht vergessen, dass vielen Politikern in Europa das Trumpsche Vorgehen gefällt, in der Hoffnung, dass sie in Zukunft auch zu der Elite gehören werden, die dann Deutschland, Europa und die Welt kontrolliert.
Ein gutes Beispiel für die Mischung aus Inkompetenz und Sympathie für Trump ist der Experte für verantwortungslose Politik in Deutschland, Innenminister Dobrindt, der nicht nur Palantir Software für die Polizei anschaffen will, sondern auch Gerichtsentscheide ignoriert wie wir es z.Zt. von Trump kennen.
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Disruptiv ist der neue kategorische Imperativ. Die Welt lebt im Chaos. Initiiert und inszeniert von ein paar weißen Männern, die aus dem Chaos Neues, eine neue Weltordnung, den Faschismus des 21. Jahrhunderts generieren wollen, der gut für sie ist und wahrscheinlich schlecht für den Rest der Menschheit.
Es ist aber nicht nur das Chaos und dessen immanente Unsicherheit, die uns Angst macht. Die Gestaltung der neuen Wirklichkeit der paar weißen Männer, der Faschismus des 21. Jahrhunderts hat ja bereits begonnen. Der Rahmen oder das Fundament unserer bisherigen Welt oder Ordnung wird systematisch zerstört. Die Irrelevanz des Völkerrechts bzw. dessen Verbiegungen im Sinne der paar weißen Männer werden allgemein akzeptiert. Nationales Recht wird, wenn notwendig, ebenfalls gebrochen. Internationale Schlichtungsmechanismen oder Organisationen wie die Vereinten Nationen sind noch irrelevanter als das Völkerrecht. Und die Lügen von Trump oder Putin und ihren Jüngern werden als normal oder gar als Wahrheit akzeptiert. Und die Stilisierung von Trump als unfehlbaren Erlöser durch seine Adlaten und Medien mag vielen als lächerlich erscheinen, aber gehört zum Führerkult dazu und ist daher auch nichts neues, nichts lächerliches, sondern brandgefährlich.
Ich weiß. Es war schon immer so. Die Mächtigen machen, was sie wollen. Aber trotzdem ist es dieses Mal anders. Heute geht es darum, eine neue Weltordnung zu schaffen und nicht punktuell oder für bestimmte Interessen Völkerrecht oder nationales Recht zu brechen. Heute werden Völkerrecht und nationales Recht gebrochen, um sie obsolet zu machen. Heute wird nicht gelogen, um Dinge zu verheimlichen oder zu verleugnen, heute wird gelogen, um neue Narrative zu kreieren, die nicht Wirklichkeiten reflektieren, sondern Lügen.
Zuletzt dachten die Nationalsozialisten oder die Kommunisten in ihren Anfangsjahren, dass sie eine neue Weltordnung errichten können. Sie waren zum Glück nicht erfolgreich. Aber sie hatten auch nicht die Voraussetzungen und die Protagonisten, die die Faschierten des 21. Jahrhunderts haben.
Die neue deutsche Regierung ist international irrelevant und hat noch keinen Führerkult eingeführt, aber beim Lügen und dem Kreieren von neuen Wahrheiten folgt sie Trump mit großem Eifer. Klimawandel gibt es nicht. Taurus liefern wir nicht. Aufklärung von Spahns Unfähigkeit und Freunderlwirtschaft verbieten wir, Gerichtsurteile werden ignoriert, wenn sie unsere „dichte Grenzen Politik“ als illegal beurteilen. Dass sie mit Lügen die Wahl gewonnen haben, scheint sie zu beflügeln und so lügen sie so lange weiter, bis die Faschierten die Macht übernehmen.
In dieser Welt wäre es wünschenswert, wenn es zumindest einen Gegenpol gäbe, der sich dieser Entwicklung entgegenstellt, der eine Alternative zum Faschismus des 21. Jahrhunderts bieten würde. Noch immer habe ich Hoffnung, dass die Europäische Union gemeinsam mit Großbritannien, Kanada, Norwegen, Australien, Neuseeland, Taiwan, Japan, Island und Liechtenstein einen solchen Gegenpol bilden könnte und dass die Attraktivität des Lebens in diesen Ländern die Politiker andere Länder überzeugen kann, sich ihnen anzuschließen.
Aber es wird wohl eher so sein, dass die Politiker und Oligarchen der anderen Länder lieber im Lager des Faschismus des 21. Jahrhunderts verbleiben, weil es vorteilhafter für sie ist.
Derweil zerstören Putin, Trump und Xi Europa und das europäische Modell einer relativen Gerechtigkeit und eines relativ guten Lebens. Wir in Europa unterstützen sie dabei und zerstören langsam das, was das Leben in Europa eigentlich lebenswert und attraktiv machte.
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So schwer es mir fällt, es einzugestehen, scheint Trump auch Entscheidungen zu treffen, die auf den ersten Blick politisch richtig erscheinen, auch wenn sie gegen Völkerrecht und nationales Recht verstoßen wie der Angriff der USA auf die iranischen Nuklearanlagen. Denn es war richtig, dem klerikal-faschistoiden Mullah Regime die Möglichkeit zu nehmen, Atomwaffen herzustellen.
Das Regime hat der Region in den letzten Jahrzehnten Gewalt gebracht – ob mehr als die USA in den letzten Jahrzehnten sei erstmal dahingestellt. Das Regime war auch den arabischen sunnitischen Nachbarn Feind und hatte das Ziel Israel zu vernichten. Wenn das Regime und seine Proxies in Syrien, Libanon, Jemen und Palästina geschwächt sind, ist das erstmal gut für die Region. Daher war die Entscheidung die Nuklearanlagen und Abschussrampen, aber auch Kommandozentralen zu bombardieren richtig. Auch wenn wir nicht wissen, was tatsächlich zerstört worden ist und wir die Konsequenzen dessen noch nicht absehen können und auch nicht wissen, ob als nächstes der Regimechange kommt.
Betrachten wir Trumps Entscheidung aber nicht isoliert, sondern als Teil seines Vorhabens den Faschismus des 21. Jahrhunderts zu errichten, dann war die Bombardierung ein Schritt, der unsere Befürchtungen noch vergrößern sollte.
Es ist schon absurd, dass die Bombardierung von Nuklearanlagen eines klerikal-faschistoiden Regimes ein Schritt zur Etablierung des Faschismus des 21. Jahrhunderts sein kann und dass ich mir manchmal wünsche, Biden hätte dies schon getan.

